Eine einfache Rechenaufgabe: Eine Schnecke fällt in einen neun Meter tiefen Schacht. Jeden Tag gelingt es ihr, drei Meter nach oben zu kriechen, während sie nachts wieder zwei Meter nach unten rutscht. Wie lange braucht sie, bis sie sich gerettet hat?
„Jede Wette“, provoziert Winfried Klingler die Schüler der Berufsfachschule Pädagogische Erprobung in Tauberbischofsheim, „dass keiner von euch die Aufgabe richtig lösen wird.“
Er ist an diesem Tag zu Gast an der Gewerblichen Schule, wo er den Teilnehmern des Workshops „Lernmethoden“ zeigt, wie sie ihre Lernerfolge optimieren können.
Schon seit zwei Stunden hängen die Jungs dem Lehrer aus Heilbronn förmlich an den Lippen, haben dabei schon erfahren, wie ihr Hirn funktioniert, was ihm dient und was es behindert. Und natürlich wollen sie es nun nicht auf sich sitzen lassen, diese Rechnung aus einem Grundschulbuch nicht lösen zu können. Also rufen alle prompt und wie aus einem Munde: „Neun!“
Winfried Klinglers Rechnung ist aufgegangen, die der Schüler nicht. Woran das lag? Die Schüler hätten sich eben kein Bild von der Situation gemacht, erklärt Klingler und stellt damit eindringlich unter Beweis, wie wichtig es beim Lernen ist, eine klare Vorstellung davon zu haben, um was es eigentlich geht.
In seiner Veranstaltung zeigt er deshalb den Schülern, wie sie durch einfache Tricks ihr junges, leistungsfähiges Gehirn optimal nutzen können, um Lerninhalte besser zu durchdringen, zu behalten und in Klassenarbeiten abzurufen. Und er macht sehr anschaulich deutlich, was beim Lernen alles stört: das dringende Gespräch mit dem Sitznachbarn, der Kopfhörer im Ohr, das Smartphone in der Hand und nächtelanges Zocken am PC.
Während der erste Termin des dreiteiligen Workshops rund ums effektive Lernen noch von der Schule angesetzt wird und für die Schüler verpflichtend ist, kommt der Referent zum zweiten und dritten Termin nur auf ausdrücklichen Wunsch der Schüler. Deren Reaktionen auf die Veranstaltung lassen aber keinen Zweifel: Davon wollen sie mehr. Und, so meint Daniel, einer der Schüler, vom Informationsgehalt des Workshops einmal ganz abgesehen, habe es auch jede Menge Spaß gemacht.
Besonders beeindruckt zeigten sich die Schüler nach der Veranstaltung auch von der Lehrerpersönlichkeit Winfried Klingler, da es ihm gelinge, sie zu motivieren und zu ermutigen. Gerade auch diejenigen der Klasse, die es besonders schwer haben: Schüler mit Migrationshintergrund, die neben dem normalen Pensum an Schulstoff auch noch möglichst schnell eine neue Sprache erlernen müssen.
Die GTB reagiert mit dem Workshop unter anderem auf die sich verändernde Medienlandschaft, die sich mit der damit einhergehenden Reizüberflutung negativ auf den Lernprozess auswirken kann. Dazu kommt, dass moderne Bildungskonzepte die Idee vom individuellen Lernen zunehmend vorantreiben. Dies wiederum setzt kompetente Schüler voraus, die sich auch über ihre Eigenverantwortlichkeit beim Lernen bewusst sind.